Forschungsgruppe 2401
Optimierungsbasierte Multiskalenregelung motorischer Niedertemperatur-Brennverfahren
Aufgrund des wachsenden weltweiten Energiebedarfs werden auf absehbare Zeit flüssige Brennstoffe unverzichtbar bleiben. Dies betrifft unter anderem den Verkehrssektor, für den eine flächendeckende Verfügbarkeit und eine hohe Energiedichte der verwendeten Energieträger wichtig sind. Vor dem Hintergrund der hohen Energiedichte und der guten Speichermöglichkeit erscheint die Verwendung von flüssigen Kraftstoffen für mobile Antriebe noch auf lange Zeit eine wesentliche Rolle zu spielen, auch wenn durch zunehmende Elektrifizierung, zum Beispiel durch Hybridfahrzeuge, deren Verwendung reduziert werden kann. Dabei rücken im Zusammenhang mit einer zunehmenden Ressourcenverknappung und steigenden Umweltbelastungen verstärkt ökonomische und ökologische Aspekte bei der Energiebereitstellung in den Vordergrund. Bei der Verbrennung von flüssigen Brennstoffen, die im Wesentlichen aus Kohlenwasserstoffen bestehen, entstehen Schadstoffemissionen wie zum Beispiel Stickoxide (NOx), Kohlenmonoxid (CO), unverbrannte Kohlenwasserstoffe (uHC) und Ruß, die erheblich zur städtischen und regionalen Luftverschmutzung beitragen. Darüber hinaus entsteht das Treibhausgas CO2, das zur Veränderung des globalen Klimas führt. Die Verringerung ausgestoßener Schadstoffemissionen und Treibhausgase stellt ein wichtiges gesellschaftliches Ziel dar.
Auf dem Gebiet der motorischen Verbrennung werden zur Erreichung dieses Ziels aktuell innovative Brennverfahren erforscht, die zum einen die bestehenden Anforderungen an Leistung und Komfort erfüllen und zum anderen die Entstehung von Schadstoffemissionen bei möglichst hohem Wirkungsgrad bereits innermotorisch vermeiden. Dabei haben sich insbesondere Brennverfahren mit Niedertemperaturverbrennung (NTV) als vielversprechend erwiesen. Dies betrifft sowohl die Anwendung auf Ottomotoren (Gasoline Controlled Auto Ignition, GCAI), als auch auf Dieselmotoren (Premixed Charge Compression Ignition, PCCI). Beide Brennverfahren sind durch einen hohen Homogenisierungsgrad des Kraftstoff-Luft-Gemisches und die durch Selbstzündung initiierte Verbrennung charakterisiert, welche ohne ausgeprägte Flammenfront abläuft. Die Homogenisierung mit gleichzeitig niedrigeren Spitzentemperaturen führt zu den gewünschten deutlich verminderten Emissionen bei einem sehr hohen Wirkungsgrad. Während das Konzept der NTV signifikante Vorteile hinsichtlich Wirkungsgrad und Emissionen bietet, sind die auftretenden anspruchsvollen Probleme für eine technische Realisierung noch nicht ausreichend gelöst.
Struktur der Forschungsgruppe
Die thematische und methodische Verknüpfung der Teilprojekte und die damit verbundene interdisziplinäre Zusammenarbeit ist für die Realisierung der hochkomplexen Problemstellung ausschlaggebend. Beispielsweise lassen sich die geplanten optimierungsbasierten Regelungen, die den harten Anforderungen an die Echtzeit Genüge tragen, nur entwickeln, wenn die Expertise aus den Bereichen numerische Verfahren, Reglerentwicklung, Verbrennungstechnik und Verbrennungschemie zusammengeführt werden. Die enge Zusammenarbeit zwischen den Forschungsinstitutionen wird durch die umfangreiche Vernetzung der Teilprojekte gefördert.
So werden in regelmäßigen Abschnitten Workshops zu den verschiedenen Themen gehalten. Dabei wird der Fokus, wie hier auf dem Foto zu sehen, auf dem persönlichen Austausch in kleinen Gruppen gelegt. Im Rahmen des Sommercampus der technischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg wurden die Optimierungswerkzeuge CasADi und acados, die am Institut für Mikrosystemtechnik der Universität Freiburg entwickelt werden, den Doktoranden des IRT und der Juniorprofessur für mechatronische Systeme am Verbrennungsmotor der RWTH Aachen vorgestellt.
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Zielsetzung
Ziel der Forschungsgruppe ist es, die zukunftsträchtige NTV in Verbrennungsmotoren mithilfe innovativer Regelungskonzepte technisch nutzbar zu machen. Hierzu verfolgt die Forschungsgruppe einen neuartigen interdisziplinären Ansatz aus den Bereichen Chemie, Verbrennungs- und Regelungstechnik. Aktuell erforschte Methoden zur NTV-Regelung können als zyklusbasierte Regelungskonzepte klassifiziert werden. Die etablierten Regelungen verwenden Informationen aus vorherigen Zyklen, um zyklusintegrale Surrogatparameter zu bestimmen, die als Regelgröße dienen. Auf deren Basis werden die aktuellen Stellgrößen auf einer Zyklus-zu-Zyklus Basis berechnet. Mit der zyklusbasierten Regelung ist eine prinzipielle Prozessführung möglich, jedoch nur in einem sehr eingeschränkten Kennfeldbereich, der für eine technische Anwendung nicht ausreichend ist.
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Die im Rahmen der FOR2401 neu zu entwickelnden Multiskalenregelungsansätze sollen hingegen um zusätzliche innerzyklische Informationen ergänzt werden, die für eine robuste Regelung der NTV unabdingbar scheinen. Die Erweiterung um innerzyklische Informationen ermöglicht es, neben der von Zyklus-zu-Zyklus auftretenden Dynamik zusätzlich auch die entscheidenden Effekte der NTV-Brennverfahren zu berücksichtigen, die auf einer deutlich kleineren Zeitskala als der eines Verbrennungszyklus stattfinden. Insgesamt besteht die Multiskalenregelung aus zwei Ansätzen, die miteinander kombiniert werden.
- a) Zum einen wird ein zeitlich feiner aufgelöster Prozessverlauf des Zyklus unter Berücksichtigung des nichtlinearen Prozessverhaltens eingeregelt. Es werden somit deutlich mehr Informationen aus dem Brennverlauf genutzt um die Verbrennung zu charakterisieren und zu regeln. Die Untersuchungen gehen bis hin zu dem Grenzfall, dass der komplette Brennverlauf (quasi-)kontinuierlich eingeregelt wird (Brennverlaufsregelung). Die geplante Brennverlaufsregelung erlaubt die Ausnutzung vollständig neuer Freiheitsgrade, die aktuell nicht vorhanden sind. Die Taktrate der Brennverlaufsregelung bleibt Zyklus-zu-Zyklus basiert.
- b) Darüber hinaus soll eine In-Zyklus-Regelung aufgebaut werden, die Messungen des aktuellen Zyklus nutzt, um noch innerhalb desselben Zyklus Stelleingriffe zu erzeugen. Dieses bedeutet, dass selbst bei Eintreten einer Störung, die aufgrund des sensitiven Prozessverhaltens einen sehr großen Effekt verursachen kann, noch im selben Zyklus hierauf stabilitätswahrend eingegriffen werden kann.
Bei aktuell erforschten Regelungskonzepten kann erst im nächsten Zyklus auf diese Störgröße reagiert werden und somit kann eine Störgröße direkt zu einem Verbrennungsaussetzer mit drastisch erhöhten Emissionen führen. Die Multiskalenregelung erlaubt somit eine direktere Kontrolle des zeitlichen Brennverlaufs, mit der die Verbrennungsstabilität und der Wirkungsgrad positiv beeinflusst sowie die Emissionen reduziert werden können. Zur Realisierung der Multiskalenregelung müssen zunächst neue grundlegende Forschungsfragen geklärt werden. Diese betreffen die Erarbeitung des notwendigen quantitativen verbrennungstechnischen Grundlagenverständnisses hinsichtlich der Einflussmöglichkeiten auf innerzyklische Vorgänge des Motorprozesses. Darauf aufbauend müssen maßgeschneiderte regelungstechnische Methoden zur Realisierung dieses Konzeptes erarbeitet werden.
Fördergeber
Externe Links
- FOR2401 - Webseite
- Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Professur für Systemtheorie, Regelungstechnik und Optimierung
- RWTH Aachen University, Institut für Regelungstechnik
- ETH Zürich - Institut für Dynamische Systeme und Regelungstechnik
- Universität Duisburg Essen - Institut für Verbrennung und Gasdynamik
- RWTH Aachen University, Institut für technische Verbrennung